Frau Göttin

von Frauke Martini

 

Ich bin eine Göttin

und spiele die Frau.

Ich bin die Weite

und mache mich eng.

Ich baue mir Mauern

setze mir Grenzen

baue mir Gitter

durch die ich hindurch

die Göttin voll Neid

betrachte, ersehne

beschimpfe, erflehe

beschmutze, bekotze

vergötter, berotze

anbettel, anbete

verfluche, betrete

penetrant dränge

am Rockzipfel hänge.

 

Ich hasse die Göttin.

Denn sie war es doch

die mich als Frau hat

geboren in dies´ Loch.

Gesperrt hinter Gitter

Im Auge den Splitter

Im Dunkel verharrend

und Leichen verscharrend

Ich wart´nicht geduldig:

Ich spreche Dich schuldig!

Das war nicht genug,

ich wittre Betrug!

Denn so schon bedrängt

hast Du mich beschenkt

mit Sehnsucht nach Freiheit

und Liebe und Wahrheit

und Weite und Weisheit

und davon so viel.

Was soll dieses Spiel?

 

Vergeblich schimpfe ich Tag und Nacht

bis mich die Unruh´ um den Schlaf gebracht.

Ich setze mich hin und höre mir zu.

 

 

Ein leises Stimmchen im Herzen drin

erzählt mir: Du bist die Königin!

Mach es den Kaisern und Königen gleich:

Werde zum Herrscher über Dein Reich.

Gestalte Dein Leben durch Dein Denken

entscheide, ob Angst oder Liebe dich lenken.

Sieh Liebe in allem um Dich herum

richte Dich auf, mach Dich nicht mehr krumm!

Geduldig spricht es Tag und Nacht

bis ich endlich aufgewacht

Und nun erkenne:

Ich bin´s selbst, die die Enge

fühlt im Gedränge

der Gedanken-Zwänge.

 

Ich öffne die Augen

und kann es kaum glauben:

Ein Kurs in Wundern!

Jetzt kommt es ans Licht:

Die Gitter und Mauern

sind ohne Bedauern

verschwunden im Nicht.

 

Ich bin eine Frau

zur Göttin erwacht.

Ich kann mich erinnern

an all meine Macht.

Ich Frau bin der Ausdruck

der göttlichen Liebe.

Mein Leben ist Freude

im Liebesgebäude

ich bin Dein Licht.

Schuld gibt es nicht.